Motorsport-Magazin.com - Am heutigen Samstag ist es soweit: Das berühmte 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring geht zum 51. Mal in seiner Geschichte über die Bühne. 32 GT3-Autos von sieben Herstellern haben in der SP9-Klasse theoretische Chancen auf den Gesamtsieg. Bevor das entschieden ist, stellt sich ab dem Rennstart um 16:00 Uhr aber die bange Frage: Wie viele Autos werden wohl den Zielstrich am Sonntag erreichen?
Das Crash-Festival aus dem vergangenen Jahr bei der 50. Jubiläums-Ausgabe ist noch fest in den Hinterköpfen der Teilnehmer und Fans verankert. Das Rennen 2022 hätte auch den Titel '24h-Favoritensterben' tragen können! Die Zahlen klingen bis heute unglaublich: Von 33 gestarteten GT3-Autos wurden gerade einmal 15 Boliden nach dem Zieleinlauf gewertet. 18 Autos gelang dies nicht - ein teures Spektakel, das schon in den ersten Rennstunden mit Unfällen im Akkord begann.
2022: Crash-Festival bei Porsche und BMW
Vor allem Titelverteidiger Porsche und Rekordsieger BMW kamen bei der Ausfall-Orgie mächtig unter die Räder: je sechs Porsche 911 GT3 R sowie sechs Modelle des damals neuen BMW M4 GT3 erlebten nicht das Rennende. Deutlich besser machten es Sieger Audi und Mercedes-AMG, die je vier Autos in den Top-10 platzieren konnten.
Das Favoriten-Feld beim 24h-Rennen Nürburgring 2022 lichtete sich beängstigend zügig: 14 der gestarteten GT3-Fahrzeuge kamen nicht einmal auf 100 Runden beim sechsten Sieg von Phoenix-Audi nach 159 Umläufen. Die Fans entlang der Nordschleife erlebten dabei höchst diskutable Crashes wie die Kollision der Vanthoor-Brüder Laurens (Manthey) und Dries (Sieger im Phoenix-Audi), den Toksport-Porsche/ROWE-BMW-Unfall oder den frühen Ausfall von Pole-Setter octane-Ferrari.
Was passiert diesmal beim 24h-Rennen, das laut aktuellem Wetterbericht sogar bei komplett trockenen Bedingungen über die Bühne gehen könnte? Motorsport-Magazin.com hat sich im großen Fahrerlager umgehört - und unweigerlich den Eindruck erhalten, dass es auch dieses Jahr wieder ordentlich auf der Nürburgring-Nordschleife scheppern dürfte...
Wieder Unfall-Orgie beim 24h-Rennen Nürburgring? Die Prognosen
Olaf Manthey (Team-Rekordsieger mit sieben Gesamtsiegen und früher selbst aktiver und erfolgreicher Rennfahrer): "Die Brutalität hat definitiv zugenommen, insbesondere wegen der großen Leistungsdichte. Deshalb erwarte ich auch in diesem Jahr wieder viele Unfälle, hoffe aber natürlich, dass wir diesmal verschont bleiben."
Hans-Peter Naundorf (BMW-Teamchef ROWE Racing): "Ich denke ungern an 2022 zurück und hoffe, dass wir es in diesem Jahr besser machen. Aufs Podium kannst du nur mit einem fehlerfreien Job fahren."
Hubert Haupt (Ex-DTM-Pilot sowie Fahrer und Teamchef bei HRT in Personalunion): "Ich mache mir große Sorgen, weil wir am Donnerstagabend bei Dunkelheit gesehen haben, wie viel Dreck und Sand durch das Fahren abseits der Rennstrecke dann auf der Fahrbahn lag. Die ersten Stunden und auch das Fahren in der Nacht werden meiner Meinung nach brutal."
Franz Konrad (Konrad-Lamborghini-Teamchef): "Wenn die Kerle den Helm aufhaben, denken sie nicht mehr an das, was vorher alles besprochen wurde. Ich wünsche mir vor allem für uns ein Rennen ohne Kollisionen, dann sind wir bei der Musik."
Thomas Biermaier (ABT CEO und Premiere als Abt-Lamborghini-Teamchef): "Was 2022 passiert ist, konnten wir nicht beeinflussen. Ich hoffe nicht, dass es wieder so oft kracht und wenn ja, dass wir nicht dabei sind."
Sebastian Golz (Projektleiter Porsche 911 GT3 R): "Ja, es gab im vergangenen Jahr relativ viel Kleinholz und wir waren leider auch dabei. Die Jungs wissen eigentlich, warum es geht. Wir hatten nach unserer Auswertung ein Defizit in der Gesamt-Performance. Dadurch entsteht naturgemäß Druck, weil die Jungs das wettmachen wollen. Zu viel Druck bedeutet aber auch ein Risiko und endet dann schließlich so, wie mit dem Manthey-Grello. Ich bin aber davon überzeugt, dass wir es in diesem Jahr besser und dabei einen guten Job machen werden."
Kelvin van der Linde (Gesamtsieger mit Audi, jetzt Premiere mit Abt-Lamborghini): "Nein es wird in diesem Jahr nicht ruhiger zugehen - auf keinen Fall. Warum? Rennfahrer lernen einfach nicht dazu. Zudem ist die Competition noch größer als im vergangenen Jahr. Ich fürchte, die ersten zwei, drei Stunden könnten extrem werden. Der Konrad-Lambo hat uns schon einen kleinen Vorgeschmack gegeben, was wir am Wochenende wohl erwarten können. Aus meiner Sicht, und das sagen mir auch Rennfahrerkollegen, haben Piloten in den langsameren Autos nicht mehr das Level wie vor den Corona-Zeiten. Sie stehen jetzt wieder mehr im Weg!"
Maximilian Götz (#2 Mercedes-AMG Team GetSpeed), DTM-Champion 2021: "Wir haben vielleicht das Glück, dass es trocken bleibt, aber die Competition ist eher noch härter geworden. Deshalb glaube ich nicht, dass sich an der letztjährigen Situation etwas ändert. Meiner Meinung nach wird es von Beginn an wieder ein Sprintrennen geben."
Maro Engel (#3 Mercedes-AMG Team GetSpeed): "Ich denke, es wird wieder harte Zweikämpfe innerhalb der Topklasse geben. Dabei versuchst du als Fahrer natürlich, auf langsamere Autos Rücksicht zu nehmen. Ein Hängenbleiben ist im dichten Verkehr immer möglich und deshalb auch schwierig zu händeln."
Luca Ludwig (#19, racing one-Ferrari, Pole-Setter 2022): "Ich hoffe, dieses Rennen heil zu überleben."
24h Nürburgring: Alle Sieger seit 2000
Jahr | Team | Auto | Fahrer |
---|---|---|---|
2000 | Team Phoenix | Porsche 996 GT3-R | Mayländer/Bartels/Alzen/Heger |
2001 | Zakspeed | Chrysler Viper GTS-R | Zakowski/Lamy/Bartels |
2002 | Zakspeed | Chrysler Viper GTS-R | Zakowski/Lamy/Lechner |
2003 | Phoenix-Opel | Opel Astra V8 Coupé | Reuter/Scheider/Tiemann/Strycek |
2004 | Schnitzer Motorsport | BMW M3 GTR | Müller/Müller/Stuck/Lamy |
2005 | Schnitzer Motorsport | BMW M3 GTR | Lamy/Said/Huisman/Priaulx |
2006 | Manthey Racing | Porsche 996 GT3-MR | Luhr/Bernhard/Rockenfeller/Tiemann |
2007 | Manthey Racing | Porsche 997 GT3 RSR | Lieb/Bernhard/Dumas/Tiemann |
2008 | Manthey Racing | Porsche 997 GT3 RSR | Lieb/Bernhard/Dumas/Tiemann |
2009 | Manthey Racing | Porsche 997 GT3 RSR | Lieb/Bernhard/Dumas/Tiemann |
2010 | Schnitzer Motorsport | BMW M3 GT2 | Müller/Farfus/Alzen/Lamy |
2011 | Manthey Racing | Porsche 997 GT3 RSR | Lieb/Bernhard/Dumas/Luhr |
2012 | Team Phoenix | Audi R8 LMS ultra | Basseng/Haase/Stippler/Winkelhock |
2013 | Black Falcon | Mercedes-Benz SLS AMG GT3 | Schneider/Bleekemolen/Edwards/Thiim |
2014 | Team Phoenix | Audi R8 LMS ultra | Haase/Winkelhock/Mamerow/Rast |
2015 | Audi Sport Team WRT | Audi R8 LMS | Mies/Sandström/Müller/L. Vanthoor |
2016 | Black Falcon | Mercedes-AMG GT3 | Schneider/Engel/Christodoulou/Metzger |
2017 | Land Motorsport | Audi R8 LMS (2016) | Mies/De Phillippi/Winkelhock/K. van der Linde |
2018 | Manthey Racing | Porsche 911 GT3 R | Lietz/Pilet/Makowiecki/Tandy |
2019 | Team Phoenix | Audi R8 LMS | Kaffer/Stippler/D. Vanthoor/Vervisch |
2020 | Rowe Racing | BMW M6 GT3 | Catsburg/Sims/Yelloly |
2021 | Manthey-Racing | Porsche 911 GT3 R | Cairoli/Christensen/Estre |
2022 | Team Phoenix | Audi R8 LMS GT3 | K. van der Linde/D. Vanthoor/Vervisch/ Frijns |